Kontrolle des Körpers

Nach der Geburt muß die Körperentität des Säuglings schnell das Nervensystem und den Stoffwechsel auf die Luftatmung und Nahrungsaufnahme über den Mund umstellen.

Für die Erlebnisentität beginnt jetzt die intensivste Phase im Leben. Sie beginnt ihren Körper, seine Sinne und all anderen Körperrezeptoren wahrzunehmen und deren Bedeutung anhand von Ideen zu verstehen, die ihm von seiner Körperentität nahe gebracht werden. Sie werden mittels Emotionen und der zugehöriger Ideen und ihrer Visualisierung der Erlebnisentität nahe gebracht.

Die Reflexe bestehen aus Handlungssträngen, die im Neuronen-Netzwerk vorgefertigt hinterlegt wurden. Durch Signale von bestimmte Körperrezeptoren werden diese Handlungsstränge von der Körperentität ausgeführt, ohne dass dazu eine Willensäußerung der Erlebnisentität vorliegt.

Diese Bewegungen wiederum erzeugen eine ganze Serie von Signalen von vielen Rezeptoren im Körper, welche die relative Lage der Extremitäten zum Rumpf widerspiegeln. Diese vielen Signale werden von der Körperentität zusammengefasst zu einer Visualisierung einer Variante der Ur-Idee “menschlicher Körper im dreidimensionalen Raum”. Diese Vorstellung wird der Erlebnisentität übermittelt.

Der Drang der Erlebnisentität nach Erkenntnis bringt sie dazu, die wahrgenommenen Vorstellungen über die Bewegungen des Körpers nach und nach zu verstehen. Sie kann sich das immer besser Vorstellen. Die immer bessere Vorstellung kann sie immer besser dazu verwenden, um präzisere, zielgerichtetere Vorstellungen an die Körperentität zu übermitteln, die dann die gewünschte Bewegung zum Erreichen der Zielvorstellung ausführt.

Reflex Handlungsstrang

Der vorgefertige Handlungsstrang der Reflexe ermöglicht nur eine zufällige Koordinierung der beteiligten Muskelgruppen. Eine gewünschte Arm oder Beinbewegung besteht ja meistens aus einer Vielzahl von Muskelgruppen, die in einer bestimmten Weise abgestimmt ausgeführt werden müssen.

Muskel können immer nur ziehen, wie ein Seil. Um eine Bewegung rückgängig zu machen muß es ein anderen Muskel geben, der das Körperteil in die andere Richtung bewegt. Eine einzelne Muskelfaser kann sich nur zusammenziehen oder wieder entspannen. Wie schnell ein Körperteil bewegt wird hängt von der Kraft ab, mit er ein Muskel aktiviert wird. Die Kraft wird dadurch bestimmt, wieviel Muskelfaser eines Muskels gleichzeitig zusammen gezogen werden.

Ein Kleinkind muß lernen, wie es die einzelnen Muskeln aktivieren muß, um eine zielgerichtete Bewegung machen zu können:

  • Welchen Muskel muß ich aktivieren?
  • Wie stark muß ich diesen Muskel aktivieren?
  • Wie lange muß ich diese Kraft anwenden?
  • Die Zeitdauer und die Intensität der Muskelaktivierung bestimmt, wie weit das entsprechende Körperglied angewinkelt oder wieder gestreckt wird.
  • Jeder Muskel bewirkt eine Mikrobewegung.
  • Die Koordination verschiedener Mikrobewegungen erzeugt erst eine komplette Makro-Bewegung.
  • Es bedarf sehr vieler bewusster Versuche, bis das Kleinkind seine Mikrobewegunegn so koordinieren kann, bis eine gewünschte Makro-Bewegung erreicht wird.

Gehen wir davon aus, dass in unserem Gehirn für jeden Muskel zu Beginn nur ein einziges Neuron zuständig ist und dass es zur Auslösung einer Reflexbewegung auch nur ein einziges Reflex-Neuron im Kortex gibt, dass aktiviert werden muss. Das bedeutet, dass zur Ausführung einer Reflex-Bewegung das Reflex-Neuron angesteuert werden muß und das dieses Reflex-Neuron mit allen notwendigen Muskel-Neuronen verschaltet ist, um diese Reflex-Bewegung auszuführen.

Alle Körperrezeptoren sind in besonderer Weise durch Neuronen miteinander verschaltet. Alle Muskelfasern werden von Axonen der Muskel-neuronen angesteuert. Nun gibt es für jede Art von Reflex-Bewegungen eine Kombination an Signalen von bestimmten Rezeptoren, die letzten Endes ein Signal an das Reflex-Neuron bewirken, dass dann über die Ansteuerung der entsprechenden Muskel-Neuronen die einzelnen Mikro-Bewegungen ansteuert, so daß die Summe aller Mikro-Bewegungen die gewünschte Koordinationskette der Reflex-Bewegung ergibt.

Die einzelnen Muskel-Neuronen bekommen zu Beginn noch keine Information darüber, wie stark oder wie lange der Muskel aktiviert werden soll. Dies wird zu Beginn sicher zufällig ausgeführt, was zu der gewünschten Vielfalt an Bewegungen führt. Erst mit der weiteren Diversifizierung der Reflex-Handlungskette wird auch die Intensität und die Zeitdauer der Aktivierung mitgegeben. Das ist das eigentliche Lernziel der Erlebnisentität in dieser Phase ihres Seins.

Kontrolle der Reflexe

Die ständigen Wiederholungen der Reflexe und deren vielfältigen Variationen helfen, das Verständnis der Erlebnisentität über den Körper und seine Lage im dreidimensionalen Raum auszubauen. Jeder bewusst gewollter Versuch einer zielgrerichteten Bewegung wird im Neuronen-Netz durch Verschaltung der entsprechenden Neuronen abgespeichert, damit sie exakt wiederholt werden kann oder auch gezielt an der einen oder anderen Stelle variiert werden kann.

Irgendwann hat die Erlebnisentität gelernt, mit welcher Intensität und wie Lange sie die einzelnen Muskel aktivieren muß, um eine gewünschte Bewegung zu erreichen. Sie hat nun die volle Kontrolle über diese Bewegungen des Körpers.

Wir müssen davon ausgehen, dass all diese vielfältigen Bewegungsabläufe, die bewusst mit einer bestimmten Intensität und bestimmten Zeitdauer ausgeführt wurden, im Neuronennetz durch entspechende Verbindungen der Neuronen, abgespeichert werden. Das kann bedeuten, dass für jede dieser Mikro-Bewegungen ein anderes Neuron zuständig ist und sie alle so verschaltet werden, dass sie beliebig miteinander kombiniert werden können.

Durch diese Vielfalt an Bewegungsoptionen bekommt die Erlebnisentität einen großen Vorrat an Bewegunsoptionen, um später die auszuwählen, welche das gewünschte Ergebnis liefert.

Werden alle Reflexe sehr häufig angesteuert und die Erlebnisentität ist sehr fleissig bei der willentlichen Erprobung dieser Erfahrungen, dann bekommt die Erlebnisentität eine große Anzahl der verschiedensten Mikro-Bewegungen, die sie später zu neuen Makro-Bewegungen zusammen bauen kann, um zum Beispiel Fahrrad zu fahren, einen Baum zu fällen oder einen Angreifer abzuwehren.

Bei diesem Lernvorgang bekommt die Erlebnisentität rudimentäre Kenntnis über viele Ur-Ideen, die notwendig sind, um den Körper und seine Freiheitsgrade in Zielvorstellungen für das eigene Leben umzusetzen:

  • Die Idee der separaten Existenz.
  • Die Idee von anderen Existenzen.
  • Die Idee der Kommunikation mit anderen.
  • Die Vorstellung des dreidimensionalen Raumes.
  • Die Idee der Bewegung im Raum.
  • Die Idee einer komplexen Struktur eines Körpers im Raum.
  • Die Idee der Kommunikation mit anderen durch Körperbewegungen.
  • Die Idee der Zielverfolgung durch Wollen.
  • Die Idee der Zielverfolgung durch Körperbewegungen.
  • Die Idee der Belohnung durch positive Emotionen.
  • Die Idee der negativen Emotionen, um diese zu vermeiden.
  • Die Idee der Beziehungen zu anderen.

Dies ist sicher nur eine Kurzliste der Ur-Ideen, die dem Bewusstsein der Erlebnisentität näher gebracht werden, um ein aktives Leben mit dem Körper führen zu können. Das Bewusstseinsniveau der Erlebnisentität über diese Ur-Ideen geht vielleicht nicht weit über ein emotionales Verständnis hinaus. Es wird nicht so weit gehen, wie hier meine intellektuellen Beschreibungen mit Worten dies vermuten lassen, weil ja jedes Wort für sich schon einer Ur-Idee oder einer Beziehung zwischen Ur-Ideen entspricht.

Die Erlebnisentität hat nun gelernt, welche Vorstellungen sie an die Körperentität senden muß, damit diese genau die Variation an schon einmal erlebten und deshalb abgespeicherten Bewegungsmuster ausführt, die der gewünschten Zielvorstellung am nächsten kommt. Jede erfolgreiches Ausführen einer Bewegung erzeugt eine starke positive Emotion, weil ihr Erkenntnisdrang erfolgreich war.

Zielvorstellungen

Die Erkundungen der Möglichkeiten durch den Körper bedeuten nicht, dass die Erlebnisentität schon ein Bewusstsein besitzt, dass dieser Körper, den sie bedienen kann, zu ihr gehört. Ich denke das dieses Verständnis sich erst im Laufe der Jahre etabliert. Für den Säugling ist der Körper in erster Linie eine Möglichkeit sich gute Emotionen zu verschaffen und eine Möglichkeit sich der negativen Emotionen zu entledigen.

Der Säugling lernt in dieser Phase, welche seiner Reaktionen auf ein Unwohlsein wie Hunger, Durst oder Einsamkeit entsprechende Reaktionen seiner Bezugspersonen nachsichzieht. Hier werden schon grundsätzliche Verhaltensweisen, wie man seine Zielvorstellungen realisiert, etabliert.

Machen Eltern es den Kindern zu leicht, dann wird die Vielfalt der verschiedenen Verhaltensoptionen sich nicht groß ausbauen. Machen Eltern es ihren Kindern zu schwer, dann wird ihre Schöpfernähe darunter leiden. Ihre Motiviation für weitere Anstrengungen wird sich reduzieren, denn sie helfen ja alle nicht, das gewünschte emotionale Ziel zu erreichen. Das Warten auf bessere Zeiten anstatt von aktivem Leben kann die Folge sein. Möglich ist auch ein permanentes Aufbegehren in sehr starkem Maße.

Wie immer im Leben ist die Suche nach einem gesunden Mittelweg die Lösung vieler Probleme.

Können die Kleinkinder sich selbständig fortbewegen, dann ist ihr Weg offen, das ganze Universum zu erkunden, wenn ihr Erkundungsdrang und Erkenntnisdrang nicht schon jetzt durch Erlebnisse mit zu negativen Emotionen besetzt wurde.

Eltern haben eine große Verantwortung. Kinder werden nicht automatisch zu selbständigen, starken und intelligenten Erwachsenen. Ihr vorhandenes Potential kann durch ihre Bezugspersonen gefördert oder unterdrückt werden.

Automatisierung

Je häufiger bestimmte Bewegungsabläufe im Detail durch die Erlebnisentität gewollt ausgeführt wurde, umso stabiler wird dieser Handlungsstrang als vollautomatische Bewegung eingestuft. Irgendwann ist es so weit, dass die Erlebnisentität sich nur noch eine Zielvorstellung einer Bewegung vorstellen muß, damit die Körperentität die entsprechende Handlungskette selbständig ausführt ohne die Entscheidungen für jede kleine Mikro-Bewegungen von der Erlebnisentität abwarten zu müssen.

Nur diese Möglichkeit der Automatisierung ermöglicht die sportlichen Hochleistungen eines Tennis- oder Tischtennisspielers oder eines Fußballers, der sonst innerhalb von Mikrosekunden entscheiden müsste, welche Mikro-Bewegung nun die richtige ist. Die Erlebnisentität kann durch Training und Aneignung vielfältiger Bewegungsoptionen es der Körperentität überlassen, welcher Handlungsstrang nun im Ergebnisse der Vorstellung der Erlebnisentität am nächsten kommt.

Das Gedächtnis der Körperentität ist nicht auf die 7 plus minus zwei Bedeutungen im Arbeitsgedächtnis beschränkt, wie es bei der Erlebnisentität der Fall ist.

Systemstabilität

Wir müssen davon ausgehen, dass die Körperentität bei der Verschaltung der Neuronen immer auch verschiedene Aspekte der Systemstabilisierung berücksichtigt:

  • Energetische Optimierung der Handlungsstränge: Handlungsoptionen mit dem geringsten Verbrauch an Ressourcen des Körpers werden bevorzugt angeboten.
  • Zeitliche Optimierung der Handlungsstränge: welche Handlungsstränge erreichen am schnellsten die gewünschte Bewegung?
  • Redundanzen innerhalb ähnlicher Handlungsstränge werden angelegt. Verschiedene Kombinationen an Mikro-Bewegungen können zum gleichen Ergebnis führen. Es können für alle Optionen separate Neuronen verschaltet werden.

Ergebnis dieser Lernphase

Am Ende dieser Entwicklungsphase hat die Erlebnisentität ein Bewusstsein darüber entwickelt, dass nur sie darüber bestimmt, wie dieser Körper sich bewegen wird. Dies führt zu dem Selbstverständnis, dass sie in ihrem Bewusstsein Eins mit dem Körper ist. Die Bewegungen des Körpers bestimmen schließlich darüber, ob die Erlebnisentität sich gut oder schlecht fühlt.

Die Kontrolle über die Bewegungen des Körpers ist nun so weit entwickelt, dass damit andere Ziele im Leben des kleinen Menschen angesteuert werden können.