Multiple Persönlichkeit

Normalerweise gehen wir davon aus, dass die Persönlichkeit einer erwachsenen Person etwas Festes ist und dass ihre Erkenntnisse und Erfahrungen durch das Neuronengeflecht in ihrem Körper repräsentiert sind, das jeden Tag etwas komplexer wird.

Ihre Persönlichkeit wird durch die Summe seiner Verhaltensweisen repräsentiert, die im Gedächtnis hinterlegt sind. Diese Persönlichkeit ist nichts Festes. Die Persönlichkeit ist dynamisch, sie kann sich entwickeln, vergrößern, verkleinern und auch zersplittern. Die Tatsache, dass eine Persönlichkeit zersplittern kann, obwohl alle Teile (Verhaltensweisen) in einem Gehirn kodiert sind, sagt uns ebenfalls, dass unsere Erlebnisentität kein Teil des Gehirns sein kann. Hier ein kurzes, reales Beispiel einer multiplen Persönlichkeit:

  • Eine junge Frau steht am Fenster und spürt, wie die schreckliche Versuchung in ihr aufsteigt zu springen. Sie weiß nicht warum sie springen will.
  • Jo ist fünfundzwanzig, hat braune Haare, trägt gerne Jeans und Hemden und kommt in einem Alltag ohne Probleme gut zu recht. Jo betet ihren Vater an und beschreibt ihn als weise, sanft und liebevoll. Manchmal findet sie sich allerdings in Situationen wieder, wo sie nicht weiß, wie sie dahin gekommen ist. Sie ist amnesisch. Ab und zu muss sie zu einer Psychotherapeutin, um den inneren Druck loszuwerden. Dann funktioniert sie wieder eine Zeit lang.
  • Joan Frances liebt Makeup und schöne Kleider. Sie ist sehr kühl, berechnend und hat ein sehr gutes Gedächtnis. Sie will ihrer Mutter alles recht machen. Es gelingt ihr aber nur selten. Sie beschreibt ihren Vater als kaltes, gefühlloses Schwein.
  • Isis liebt die Schönheit und Frauen. Sie tanzt gerne und liebt es über das Leben nach dem Tod zu diskutieren.
  • Die selbstzerstörerische zweijährige Josie braucht jemanden, der sie daran hindert, sich zu verletzen oder andere zu attackieren.
  • Die dreijährige Sissy will den inneren Schmerz loswerden. Sie wird ihn aber nur los, wenn sie mit dem Kopf gegen die Wand rennt, um bewusstlos zu werden. Sie braucht auch jemanden, der sie daran hindert, sich oder andere zu verletzen.
  • Die fünfjährige Missy braucht eine Mutter und glaubt, dass die linke Hand schlecht und die rechte Hand gut ist. Sie hat noch kein Ichbewusstsein, sie hat aber viele Geheimnisse, welche die anderen nicht kennen.
  • Der sechzehnjährige Rusty geniest es mit Gordon zum Angeln oder Segeln zu gehen. Er kann Fische ausnehmen. Er ist sehr praktisch veranlagt. Er braucht vor allem einen Vater.
  • Reagan und Robin stellen sicher, dass nichts vergessen wird.
  • Die neunzehnjährige Renee weiß das Meiste von allen, sie ist der Profi, der den obigen Schwarm an Persönlichkeiten versucht zu managen, die alle zu einer einzigen Person gehören.
  • Missy kann sich an die ersten Persönlichkeitsabspaltungen erinnern, als die anderen Mädchen gekommen sind. Sie sagt, sie war erst ein Jahr alt.

Alle genannten Persönlichkeiten sind Teilpersönlichkeiten einer einzigen Person. Joan Frances Casey wurde als Kleinkind von ihrer Mutter vernachlässigt und gequält und später von ihrem Vater sexuell vergewaltigt. Um ihr Leben erträglicher zu gestalten und nicht ständig mit den traumatischen Erlebnissen konfrontiert zu werden, haben sich vierundzwanzig separate Persönlichkeiten mit eigenem Persönlichkeitskomplexen im Laufe der Zeit herausgebildet, die je nach den inneren Bedürfnissen und den Anforderungen der Umwelt abwechselnd den gemeinsamen Körper kontrollieren. Es hat immer nur eine einzige Teilpersönlichkeit die Kontrolle. Jede Teilpersönlichkeit hat nur begrenzten Zugriff auf das Gesamtgedächtnis.

Ihr Buch “Ich bin Viele” ist sehr lesenswert. Es offenbart eine Fähigkeit des Geistes, die für das Verständnis des ganzen Universums von immenser Bedeutung ist.

Dissoziation

Ich spreche hier von der Dissoziativen Identitätsstörung (DIS) von Kindern, die in ihrer frühen Entwicklungsphase starker physischer und psychischer Gewalt ausgesetzt waren. Wenn ihre Persönlichkeit noch nicht gefestigt ist, wenn sie noch mit den verschiedenen Rollen spielen, dann hilft es ihnen, die unangenehmen Erlebnisse in separaten Teilpersönlichkeiten ihres Bewusstseins abzulegen, damit sie ein normales Leben mit anderen Teilpersönlichkeiten führen können, ohne ständig mit den traumatischen Erlebnissen konfrontiert zu werden. Ein normales Leben bedeutet, seinen obersten Zielen (Trieben) folgen zu können.

Die Personen am Rande der menschlichen Verteilung zeigen in besonderer Weise, was in uns Menschen steckt. Es ist besonders bemerkenswert, das wir Menschen die Veranlagung besitzen, zumindest in unserer frühen Entwicklungsphase, Teile unseres Bewusstseins in Teilpersönlichkeien auszulagern.

Die Psychologie kennt das Krankheitsbild der Dissoziativen Identitätsstörung (DIS). Bei diesen so genannten multiplen Persönlichkeiten existieren verschiedene Teilpersönlichkeiten in einem Körper. Es gibt Fälle, bei denen die einzelnen Teilpersönlichkeiten der Person voneinander wissen und es gibt Fälle, bei denen die einzelnen Persönlichkeiten nichts von den anderen Persönlichkeiten in dieser Person wissen und Mischformen davon. Oft hat auch jede Teilpersönlichkeit nur Zugriff auf das Gedächtnis dieser Teilpersönlichkeit. Deshalb ist starker Gedächtnisverlust einer Person ein Anzeichen von DIS. In jedem Fall hat aber immer nur eine Persönlichkeit zu einem Zeitpunkt die Oberhand und agiert nach außen. Der Wechsel zwischen den Teilpersönlichkeiten kann aber sehr schnell gehen.

Bemerkenswert ist die Erfahrung bei vielen Patienten mit DIS, dass diese sehr leicht zu hypnotisieren sind. Das deutet darauf hin, dass die Körperentität schon darauf trainiert ist, mit unterschiedlichen Erlebnisentitäten zusammen zu arbeiten.

1939 definierte Schneider die 11 Hauptsymptome der Schizophrenie. Inzwischen weiß man, dass diese Symptome nicht nur bei schizophrenen Patienten auftauchen, sondern bei den unterschiedlichsten Arten von Dissoziativen Identitätsstörungen (DIS). 1985 analysierte Richard P. Kluft 30 Patienten, die unter einer DIS litten, inwieweit diese unter den 11 Hauptsymptomen von DIS litten. Die Anzahl und schwere der einzelnen Symptome sind individuell unterschiedlich und können unterschiedliche Ursachen haben.

Hauptsymptome

Hörbare Gedanken:

Der Patient (Teilpersönlichkeit in Kontrolle) hört die Stimme einer anderen Teilpersönlichkeit, kurz bevor er diese Aussage als seinen eigenen Gedanken ansieht, oder kurz nachdem er diesen Gedanken hatte. Die gehörten Gedanken sind oft gegensätzlich zu den bisherigen Überzeugungen.

Streitgespräche:

Zwei andere Teilpersönlichkeiten streiten sich über den Patienten (Teilpersönlichkeit in Kontrolle), der als dritte Person angesprochen wird. Oft streitet sich eine Teilpersönlichkeit, die die Person bestrafen will mit der Schutz-Teilpersönlichkeit, welche gegen die Bestrafung ist.

Stimme kommentiert Aktivität

Eine andere Teilpersönlichkeit kommentiert die momentane Aktivität der Teilpersönlichkeit in Kontrolle. Oft sind diese Kommentierungen sehr ablehnend oder kritisierend. Diese Kommentierungen werden oft als von Außen kommend erlebt.

 Fremdeinfluss auf den Körper

Die Teilpersönlichkeit in Kontrolle empfindet sich als passiver Wahrnehmer einer Körperempfindung. Der Patient ist sicher, dass die Ursache von außerhalb seines Körpers kommt. Eine momentane Ursache ist nicht wirklich vorhanden.

Eine Frau berichtete „ Es ist als ob etwas in meinen After hinein geschoben wird und mich zerreißt. Ich kann deshalb nicht mehr sitzen“. Ihr Vater hatte sie anal penetriert. Drei andere Kinder hatten dies bezeugt.

Es scheint als ob eine andere Teilpersönlichkeit seine negativen Erinnerungen an die Teilpersönlichkeit in Kontrolle übermittelt.

 Verlust an Gedanken:

Die Teilpersönlichkeit in Kontrolle empfindet, dass seine Gedanken von einer externen Kraft weggenommen wurden.

Eine Frau wurde über ihre verstorbene Mutter befragt. Er sagte „Sie war eine gute Frau …. Doktor, es tut mir leid, es ist als ob jemand meine Gedanken gestohlen hat. Worüber haben wir gerade gesprochen?“ Ihre Mutter hatte sie missbraucht. Diese Tatsache wurde später im Tagebuch des Kindes gefunden.

Hierbei sieht es so aus, als ob durch einen bestimmten Gedanken, der Wechsel der Teilpersönlichkeiten ausgelöst wurde. Die neue Teilpersönlichkeit hat aber keinen direkten Zugriff auf den letzten, wahrscheinlich sehr schmerzlichen, Gedanken der anderen Teilpersönlichkeit.

 Aufgezwungene Gedanken:

Patienten haben das Gefühl, dass manche Gedanken ihnen von einer externen Quelle aufgezwungen werden.

In der Regel sind dies Gedanken einer anderen Teilpersönlichkeit, die sich nicht zu erkennen geben will.

 Gedanken können nicht verborgen werden:

Patienten haben das Gefühl, das andere Personen ihre Gedanken lesen können. Sie haben das Gefühl, dass sie außerhalb ihrer Person vorhanden sind. Patienten haben das Gefühl, dass Eltern oder der Psychologe ihre Gedanken lesen können.

Dies kann passieren, wenn eine Teilpersönlichkeit nicht weiß, was eine andere Teilpersönlichkeit den Gesprächspartnern schon mitgeteilt hat und sich dann wundert, was diese alles schon über sie wissen.

 Gefühle aufgezwungen:

Die Teilpersönlichkeit in Kontrolle empfindet Gefühle, die nicht zu ihr gehören. Sie scheinen zu etwas außerhalb von ihr zu gehören. Sie empfindet sie als aufgezwungen, da sie nichts mit ihr zu tun haben.

Gefühle sind Ergebnisse von Taten oder Vorstellungen. Eine andere Teilpersönlichkeit versucht die Teilpersönlichkeit in Kontrolle zu einer bestimmten Aktivität zu veranlassen, die sie gerne tun würde, indem sie das Ergebnis ihrer Überlegung, das zugehörige Gefühl übermittelt, weil sie die Kontrolle nicht übernehmen kann.

 Bewusste aufgezwungene Aktivität

Die Teilpersönlichkeit in Kontrolle führt Aktionen aus, die sie nicht will. Sie empfindet sie als aufgezwungen, weil der Impuls von einer anderen Teilpersönlichkeit kommt und dies nicht erkennt.

Hierbei stellt sich die Frage, ob die Vielfalt der bewussten Kontrollen über das Körperbewusstsein aufgeteilt werden kann oder ob ein sehr schnelles Hin- und Her wechseln der Teilpersönlichkeiten in Kontrolle möglich ist. Beide Varianten könnten dieses Erleben erklären.

 Unbewusste aufgezwungene Aktivität

Die Teilpersönlichkeit in Kontrolle führt Aktionen aus, die vollständig unter der Kontrolle einer anderen Teilpersönlichkeit sind. Die Teilpersönlichkeit in Kontrolle empfindet sich als Automaten eines anderen Willens.

Hier scheint wirklich eine Aufteilung der Kontrolle über die Körperentität vorhanden zu sein. Eine hat die Kontrolle über den Sprachbereich und eine andere über die Skelettmuskulatur.

 Wahnvorstellungen

Dies ist ein zwei Phasen Phänomen. In der ersten Phase hat die Teilpersönlichkeit in Kontrolle eine ganz normale Wahrnehmung, so wie es jeder andere haben würde. In der zweiten Phase wird diese normale Wahrnehmung zu einer ganz persönlichen gestörten, krankhaften Wahrnehmung uminterpretiert.

Es ist denkbar, dass eine Teilpersönlichkeit das Erlebte als für sie normales erleben bewertet und abspeichert. Eine andere Teilpersönlichkeit, das Erlebte als Gedächtnisinhalt mit seiner spezifischen Erwartungshaltung anders deutet. Es bekommt dadurch eine ganz andere Bedeutung.

 Fallgeschichten

Alle multiplen Persönlichkeiten haben Gemeinsamkeiten. Sie wurden alle als Kinder missbraucht. In der Regel erfolgen wiederholte sexuelle Übergriffe durch einen oder beide Elternteile oder durch andere Bezugspersonen. In der Regel haben sie keine verlässliche liebevolle erwachsene Bezugsperson, die ihnen Schutz gewährt. Sie erschaffen sich ihre eigenen inneren Beschützer. Für bestimmte psychische Situation entwickeln sie eigene Teilpersönlichkeiten. Alle Teilpersönlichkeiten verhalten sich anders, reden mit unterschiedlichen Stimmen. Sie haben unterschiedliche körperliche und geistige Fähigkeiten. Sie können auch unterschiedliche Krankheitssymptome aufweisen.

In dem Buch von John Francis Casey Ich bin Viele erwähnt im Nachwort Dr. med. Frances Howland zwei Fälle von DIS mit solchen körperlichen Symptomaufteilungen.

Einer seiner Patienten kam zu ihm mit einem geschwollenen Auge. Mehrere Bienen hatten ihn gestochen. Er machte einen Termin mit einem Augenarzt. Dann fragte er ihn, ob er mit der Teilpersönlichkeit reden könne, die nie Schmerz empfindet. Sie redeten kurz miteinander, bevor sein Patient zum Augenarzt ging. Eine Stunde später rief ihn de Augenarzt verärgert an. Er könne keinerlei Schwellungen oder Bienenstiche erkennen. Am nächsten Tag kam der Patient wieder zu ihm. Sein Auge war zu geschwollen. Er schickte ihn wieder zum Augenarzt, ohne mit der Teilpersönlichkeit zu sprechen, die kein Schmerz empfindet. Der Augenarzt rief ihn wieder an und fragte, wie er gestern wissen konnte, dass der Patient heute von Bienen gestochen werde.

Eine andere Patientin, deren Primärpersönlichkeit an Dickdarmentzündung litt, musste große Mengen an Librax gegen Bauchschmerzen und Durchfall nehmen und vertrug keine stark gewürzten Speisen. Etwa zwanzig bis dreißig Minuten nach dem Erscheinen einer anderen Teilpersönlichkeit, die eine absolut gesunde Verdauung besaß und alles essen konnte, verschwanden alle Symptome völlig.

Das Problem

Erklären sie diese wissenschaftlichen Fakten mit dem materiellen Denkmodell. Wo sitzen im Gehirn diese verschiedenen Persönlichkeiten?

Das fehlende Denkmodell ist hier nicht das Hauptproblem. Die Tatsache, dass der Mensch grundsätzlich in der Lage ist, sich in mehrere Teilpersönlichkeiten aufzuteilen wird nicht geügend berücksichtigt.

Stattdessen wird es in die intellektuelle Schublade der Abnormitäten und Krankeiten gesteckt. Dadurch wird weiters Nachdenken über diese Fähigkeit verhindert. Es ist aber eine weitere Möglichkeit mit extremen Schwierigkeiten des Lebens zurecht zu kommen, wie Unterordnung, Totschlag und Flucht.